Tipp: Doppelsendung zu „Fake News“ im „Hörsaal“ (Deutschland Funk)

In zwei Teilen widmet sich Deutschlandfunk Nova mit seiner „Hörsaal“-Sendung dem Thema Fake News. Jeweils kommen dabei der Professor für Kommunikationswissenschaft Dr. Christoph Neuberger (Ludwig-Maximilians-Universität München) und anschließend, in einem Telefoninterview, Alexander Sängerlaub, Leiter des Projekts „Measuring Fake News“ (Think Tank Stiftung Neue Verantwortung). In der Forschungsunternehmung wurden und werden in Umfragen und digital-tool-gestützten Inhaltsanalysen die Verbreitung und der Einfluss von „Lügenmeldungen“ auf die diesjährigen Bundestagswahl vermessen.

Neubergers Vortragsaufzeichnung geht zurück auf die Veranstaltung „Wahrheit als Obsession und Option: Wissenskämpfe im Internet“, die am 18. Juli 2017 in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften standfand.

Im ersten Teil des Audiopodcasts („Die Wahrheit im Netz“) befasst sich Neuberger kenntnisreich und eingängig mit der Definition, verschiedenen Erscheinungsformen und Fallbeispielen von Fake News sowie dem Forschungsstand dazu. Im zweiten Teil („Neuordnung des Wissens durch das Netz“) ordnet er Fake News als Phänomen in einen größeren Kontext ein, wobei er die Ordnungs- und Zielkriterien „Wahrheit“ und „Objektivität“ besonders im journalistischen sowie im wissenschaftlichen Kontext als Grundlage betrachtet und dabei implizit die Frage aufwirft, wie „natürlich“ oder funktional diese sind.

In dieser Hinsicht ordnet Neupert – völlig zurecht und geboten – Fake News nicht bloß als strategische Lügen oder dergleichen ein, sondern grundsätzlicher als Herausforderungen für gültige Wahrheits- und Wissensordnungen. Fake News sind mithin zu begreifen als Symptome eines wie auch immer begründ- und bewertbaren Relevanzverlusts von Faktizität in der öffentlichen Kommunikation. Fake News neben politischer Täuschung oder gar Propaganda als v.a. phatische (Selbst-)Verständigung und Gemeinschaftssignalisierung zu begreifen (und damit ihre soziale und kulturelle Kraft, der auch mit bloßer Informationsaufklärung beizukommen ist), dies ist eine Sichtweise, den ich in meinem Vortrag auf der Tagung „Fake-News, Hashtags & Social Bots: Neue Methoden der populistischen Propaganda“ am 15. Mai 2017 (Eberhard Karls Universität Tübingen) vertreten habe (ein Buchbeitrag dazu erscheint voraussichtl. Anfang 2018 in einem entsprechenden Tagungsband). Neuberger geht, wenn auch breiter fokussierend, in die gleiche Richtung, wenn er verschiedene Formen der Objektivitätsskepsis (von der Verschwörungstheorie bis zum radikalen Realitätskonstruktivismus) beschreibt und diese u.a. mit dem Wegfall alter Gate-Keeper-Dominanzen und neuer digitaler Medienpartizipationsmöglichkeiten assoziiert.

Neben den Aufzeichnungen des Vortrags und des Interviews finden sich auf den „Hörsaal“-Seiten auch weiterführende Weblinks sowie die Präsentationsfolien zu Neubergers Vortrag.