In der investigativen französischen Dokumentation Propagandamaschine Social Media aus dem Jahr 2020 befassen sich Alexandra Jousset und Philippe Lagnier mit Social-Media-Propaganda und deren Einsatz durch Populisten weltweit. Von den USA und Brasilien über Italien bis nach Indien steht im Mittelpunkt, wie regierende Politiker (Bolsonaro, Trump, Salvini und Modi), vor allem aber ihre strategischen Kommunikatoren über Fake News, Hetze und Microtargeting attackieren und mobilisieren. Das ist so erschreckend wie facettenreich aufbereitet.
Auch um ein wenig Ausgewogenheit bemühen sich die Filmemacher:innen: Nicht nur „böse“ Demagogen der US-Republikaner in Form von „(mittel-)alten weißen Männern“ werden präsentiert, sondern einmal auch eine (von u.a. US-Star-Regisseur Steven Spielberg unterstützte) junge, engagierte Sociale-Web-Propagandistin, die für die demokratische Seite mit Halbwahrheiten und tendenziösen Nachrichten moralisch unbekümmert dagegenhält.
Vielleich eher unfreiwillig offenbart der Film aber zudem eine verkürzte Sicht auf das Problem, zu der er nolens volens selbst beiträgt: Wenn bei einer Online-Videoanhörung die mächtigen Firmen-Chefs Mark Zuckerberg (Facebook, WhatsApp, Instagram), Sundar Pichai (Google, YouTube) und Jack Dorsey (Twitter) durch einen US-Kongressabgeordneten gefragt werden, ob ihre Plattformen mitverantwortlich für die Verbreitung von Falschinformationen seien und der Politiker nur ein simples „Ja“ oder „Nein“ einfordert und zulässt. Oder wenn Cambridge-Analytica-Whistleblower Christopher Whylie in puncto Sicherheit die Algorithmen der Social-Media-Dienste überzogen mit Medikamenten, Autos oder Flugzeugen vergleicht: Dann zeigt sich, dass es gegenüber dem „digitalen Populismus“, den die sehenswerte Dokumentation in seinen teils haarsträubenden Auswüchsen skizziert, doch auch einen effekthascherischen „anti-digitalen Populismus“ in der Kritik gibt.
Die Dokumentation ist noch hier bis zum 10.12.2021 in der Arte-Mediathek zu sehen: Propagandamaschine Social Media.